Tags: Achtsamkeit, Alltag, Blogs, Buddha, Buddhismus, Herzsutra, Leben, Meditation, Menschen, Spiritualität, Vergänglichkeit, Weisheit, Zen, Zen-Lehrer
Ein Text den ich ganz am Anfang meiner Blogger Zeit geschrieben habe, am 20.08.2007 irgend wann bei einer Aufräumaktion verschwand er im Archiv und ich habe gedacht, es beschreibt eine wichtige Zeit aus meiner Zen Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Neu überarbeitet
Alle fangen als Zenschüler an und bleiben es ein Leben lang.
Die Zeit geht vorbei, wie alles vorbei geht, auch im Zen. Mir ist bewusst geworden, dass ich jetzt schon seit bald 18 Jahren Zen praktiziere. Jeden Freitag oder fast jeden Freitag. Meine ersten Zenerfahrungen machte ich mit einem Zenmeister aus dem Soto-Zen. Auf einem Plakat wurde ein Zenkurs Angeboten, mit einem Bild von einem Zenmönch, der in seiner Robe auf einem Zenkissen sitzt. In perfekter Haltung. Dieses Bild begeisterte mich irgendwie und so habe ich mich spontan angemeldet. Der Kurs wurde von einer Karateschule angeboten. Der Zenmeister kam jeden Freitag mit seinem ganzen Tross, und ca fünf bis zehn Zenschüler alle in schwarzen Roben. Er lehrte uns noch das harte Japanische Soto-Zen, mit drei mal Sitzen, mit Kinhin (Gehmeditation) und mit dem Kyosaku.(Erweckungsstock) Das ist keine Strafe, sondern eine wirkliche Hilfe. Es dient dazu, die Müdigkeit zu überwinden, löst Verspannungen und man kann wieder tief durchatmen. Trotzdem war man immer in einer grossen Spannung, auch Angst, weil man nie genau wusste, wo der Kyosaku-Mann war.
Am Anfang war das Sitzen schon etwas hart. Im Soto-Zen sitzt man gegen die Wand und man muss extrem auf die Haltung achten. Wenn die Haltung leicht schief war, wurde man korrigiert. Der Atem und eine gute Haltung ist im Zen etwas vom wichtigsten. Wir lernten auch das Denken, los lassen. Der Meister sagte immer.
” Sitze wie ein Berg und lass die Gedanken vorüberziehen wie weisse Wolken am Himmel. Der Himmel ist Blau, die Wolken kommen und gehen, sie berühren dich nicht.”
Am Ende des Zazens sangen wir immer das Hannya Shingyo (Herz-Sutra) da ist man wirklich Konzentriert und voller Energie. Einmal war ich sogar in einem Retreat, einem Zen Wochenende. Ich wusste nicht, was mich erwartet. Ich war voller Erwartungen und Illusionen. Am Anfang war ich begeistert. In so einem Zen Wochenende kommt man wirklich an seine Grenzen. Bald durchschaute ich die ganze Hierarchie des Zens. Die Oberen des Dojos stolzierten in ihren farbigen Robben und ignorierten uns Anfänger total. Beim servieren des Essens wurden sie zuerst bedient. Sie waren freundlich aber sehr distanziert. Es gab viele die rauchten und Alkohol tranken. Aber das sei kein Problem, wurde mir versichert. Es sei nur wichtig, dass man das Ziel habe aufzuhören und es immer wieder versuche. Eine etwas fadenscheinige Erklärung. Es roch förmlich nach Zen-Gestank. Beim Sitzen hatte ich Schmerzen und ärgerte mich über diese Ungerechtigkeiten und beschwerte mich beim Zenmeister. Dieser antwortete mir.
“Wenn du das einfach akzeptieren kannst, es ist weder gut noch schlecht,
es ist so wie es ist.
Einfach im Hier und Jetzt bleiben, dann hast du auch keine Schmerzen mehr.”
Ich war schon noch etwas skeptisch, aber oh Wunder, bis zum Ende des Retreat blieben die Schmerzen weg.Vom Moment an, wo ich aufhörte zu urteilen und ich auch aufhörte mir Leid zu tun, da konnte ich mich wieder auf das Konzentrieren wegen dem ich hier war. Mein Geist war wieder präsent und mein Ego ist wieder für eine Weile in den Hintergrund getreten. Dieser Zenlehrer hatte durchaus seine Qualitäten, er war ein wirklich guter Lehrer und wusste sehr viel über das Soto-Zen. Er hatte aber nach so vielen Jahren Zen immer noch ein sehr grosses Ego und war sehr von sich und seinem Zen überzeugt. Er ist unterdessen gestorben.
Nach vier Jahren verkrachten sich der Veranstalter und der Zenmeister und wir hatten keinen Zen Lehrer mehr. Meine Zenschulung war kurzfristig unterbrochen und ich übte Zuhause für mich alleine. Ohne Führung ist es sehr schwer weiterzukommen. So, was sollten wir tun? Wir brauchten einen neuen Ort zum Meditieren und einen neuen Lehrer. Dann gab es plötzlich eine Lösung. Die Kirchgemeinde stellte uns einen Raum zur Verfügung, gratis nur mit der Bedingung, dass jeder Besucher von unserem neuen Dojo fünf Franken zahlt, und ende Jahr spenden wir das Geld für einen guten Zweck. Ein neuer Lehrer war auch bald gefunden. Es ist Marcel Geisser vom Haus Tao, er ist ein Schüler von Thich Nath Hanh und autorisierter Zen-Lehrer und Dharmacarya. Ein bis zweimal im Jahr kommt er zu uns, für einen Dharma-Vortrag. Wir lernten eine ganz neue Form des Zens kennen. Ich sitze jetzt locker und entspannt auf meinem Zenkissen und doch voller Achtsamkeit. Meine Haltung ist immer noch gut, aber ich bin frei von aller Angst, es könnte sich einer von hinten anschleichen und mich mit dem Erweckungstock schlagen. Wir praktizieren jetzt Achtsamkeitsmeditation. Welcher Lehrer oder Lehre ist nicht so wichtig, denn ich habe von beiden sehr viel gelernt. Das Soto-Zen ist etwas dogmatisch und sektiererisch. Beim Soto-Zen ist vieles angelernt und antrainiert. Es hat eine eigene blumige Sprache. Von der Geschichte von Buddha hab ich wärend der ganzen Zeit wenig gehört. Ich denke die Lehre vom Buddha ist sehr wichtig. Thich nath Hanh lebt das, was er predigt. Die Lehre von Thich Nath Hanh ist offen und vermittelt wirklich liebende Güte und Mitgefühl.
Wegen meinem Beruf hatte ich grosse Probleme mit meinen Gelenken(Arthrose) Fast ein Jahr konnte ich nicht mehr auf einem Zenkissen sitzen. Ich hatte zu viele Schmerzen. Ich ging auch nicht mehr ins Dojo, weil ich die anderen in der Sangha (Gemeinschaft der Praktizierenden) nicht stören wollte. In dieser Zeit habe ich angefangen, das was ich bis jetzt von meinen Lehrern gelernt habe, anzuwenden im Alltag. Nicht immer mit Erfolg, doch langsam gelang es mir, Achtsam zu sein. Es gelingt mir auch mehr und mehr mit meinen Gedanken im Hier und Jetzt zu bleiben. Mit der Zeit hatte ich auch meine Emotionen einigermassen im Griff. Das Leben ist der beste Lehrer. Es ist nie zu spät das auch einzusehen. Jedes mal wenn ich mich über jemanden aufrege, wird mir Bewusst, dass das, was ich in Ihm sehe, über das was ich mich ärgere, alles auch in mir vorhanden ist. Es sind meine Vorurteile und meine Gewohnheitsennergie. Beim andern kann ich gar nichts tun, ich muss es bei mir ändern. Der Tag wo ich nichts mehr an meinem Gegenüber auszusetzen habe, wo ich wirklich einen Buddha sehe, werde ich möglicherweise Erleuchtet sein. Aber das könnte noch lange dauern. Aber ich arbeite daran.
Auch wenn es jetzt gut 22 Jahre her sind als ich als Zenschüler begann, habe ich einiges gelernt und ein paar Sachen, habe ich auch verstanden und doch bin ich auch heute noch ein Zenschüler und werde das bleiben und es ist klar…
Alle fangen als Zenschüler an und bleiben es ein Leben lang.
20.08.2007 zentao
02.04.2012 Copyright©erwingrob neu veröffentlicht
14.08.2018 Copyright©erwingrob