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Claudia Klinger am 7. Februar 2013
Verführt vom “leeren Boot”: Zur Abhängigkeit von Menschen, Systemen und Geräten
Sie schreibt, eine interessante eigene Interpretation über die berühmte Zen-Geschichte:
Ein Mann ruderte an einem sehr nebligen Morgen sein Boot stromaufwärts. Plötzlich sah er ein anderes Boot stromabwärts kommen, das keine Anstalten machte auszuweichen. Es kam ihm genau entgegen. Er rief: `Vorsicht! Vorsicht!´, aber das Boot fuhr genau in seins hinein, das fast sank. Der Mann war außer sich und begann die andere Person anzuschrein, ihr gehörig die Meinung zu sagen. Aber als er genau hinschaute, sah er, daß in dem anderen Boot überhaupt niemand war. Es stellte sich heraus, daß das Boot sich gelöst hatte und stromabwärts trieb. All sein Ärger schwand, und er lachte und lachte.”
(Thich Nhat Hahn: Innerer Friede – Äußerer Friede – via Abraxandria)
und sie kommt zur Erkenntnis dass wir uns auch im Internet oft unnötig ärgern und dass wie in der Geschichte, oft kein Gegenüber sehen, das Boot ist leer, auf wen sollen wir jetzt wütend sein?
Ich zitiere Claudiea: Zwar kann man oft tun, was man will, aber nicht bestimmen, was man wollen soll. So gesehen bin ich nie “persönlich gemeint”, wenn irgend jemand mich (vermeintlich oder tatsächlich) angreift oder missachtet – er kann ja nicht anders, weiß es nicht besser, ist gefangen in seinem beschränkten So-Sein, das keine Alternative kennt.
noch ein Zitat von Claudia: Wo wir von konkreten Mitmenschen und deren Wohl- oder Übel-wollen abhängig waren, ersetzten wir diese oft leidvoll erlebten Abhängigkeiten durch abstrakte, allgemeingültige Systeme, die uns mit dem versorgen, was wir nach wie vor brauchen. Heute haben wir gesetzlich gesicherte Ansprüche und sind nicht mehr vom Wohlverhalten in Clan und Familie abhängig. Welch eine Befreiung!
Endlich frei?
Heute sind wir nun soweit, dass wir uns den möglicherweise nervigen Mitmenschen weitgehend vom Hals halten können, wenn wir das wollen. Als Webworkerin, die über das Netz arbeitet, sehe ich praktisch nur noch Leute, mit denen ich mich aus freiem Willen verabrede. Zwar gehe ich noch ins Lädchen oder in den Supermarkt, um Waren des täglichen Bedarfs zu besorgen, doch selbst die könnte ich mir bringen lassen, wenn mir das zu stressig wäre. Wen es dann doch noch ab und zu nach einem “Bad in der Menge” gelüstet, dem bietet die Event-Kultur alles Nötige in 1000 Varianten: folgenloses, unverbindliches Miteinander bzw. Nebeneinander für ein paar Stunden.
Soviel Freiheit war nie, einerseits. Den Mitmenschen haben wir entmachtet, uns dafür aber massiv in die Abhängigkeit von Systemen und Geräten begeben.
Ganzer Text bei Claudia Klinger lesen:
Verführt vom “leeren Boot”: Zur Abhängigkeit von Menschen, Systemen und Geräten
Ich frage mich schon, sind wir denn so abhängig wie Cladia schreibt, oder ist es nicht so, das alles Freiwillig ist – jede Abhängigkeit beginnt bei mir selber – ich bin erst abhängig, wenn ich das zulasse. Ich kann diese Kiste jederzeit abschalten und ich tue das täglich – mehrmals – auch das Internet hat keine Macht, wenn ich nicht will – es besteht keine Verpflichtung regelmässig Beiträge in meinen beiden Blogs zu veröffentlichen.
https://zentao45.wordpress.com/ und http://erwinphoto.wordpress.com/
Es war meine Entscheidung mich bei WordPress an zu melden und die Blogs zu führen. Es wird auch meine Entscheidung sein, wenn ich irgend wann mit Bloggen aufhöre. Ich habe mich niergends verpflichtet Beiträge zu schreiben und es ist sehr einfach;
„Wenn ich nichts weiss und keine Lust habe wird nicht gebloggt – klar dann verliere ich Besucher – ist das so wichtig? Meine Zufriedenheit ist mir wichtiger.“ Im April wird es 6 Jahre her sein, als ich mit Bloggen begann und in all den Jahren habe ich soviele Texte geschrieben, dass wer lesen will, noch auf Jahre hinaus etwas zu lesen hat, auch das ist freiwillig.
„Es ist immer Ursache und Wirkung, alles was ich tue, hat folgen.“
Auch bei Facebook habe ich mich angemeldet und alle meine Privaten Angaben sind freiwillig – das Netz weiss relativ wenig über mich und wenn schon – alles was das Netz weiss habe ich freiwillig frei gegeben – also auch da keine Abhängigkeit – Im Gegenteil – ich benutze Facebook  genauso wie Facebook versucht mich zu instrumentalisieren. Auch da:
„Es ist immer Ursache und Wirkung, alles was ich tue, hat folgen,“
nicht nur für mich auch für andere, und irgend wann, kommt alles zu mir zurück und das kann manchmal unangenehm sein.
Klar besteht da eine gewisse Abhängigkeit – aber wir wollen ja auch nicht zurück in die Steinzeit – ich entscheide immer selbst, wie weit ich mich auf all diese modernen Technischen-Geräte einlasse. Alle Geräte haben einen Knopf wo ich das Gerät ausschalten kann und bei Bedarf wieder einschalten. Wenn jemand meint er/sie müsse dauernd erreichbar sein so ist die Abhängigkeit im eigenen Kopf zu finden. Auch da:
„Es ist immer Ursache und Wirkung, alles was ich tue, hat folgen.“
Auf der anderen Seite begegnen mir im Netz so viele Interessante Menschen, die meine Neugier wecken, „wer steht wohl hinter diesem User Name? In all den Jahren, seit ich blogge habe ich einige Persönlichkeiten kennen gelernt und auch einige Internet -Freundschaften geschlossen.
Ich habe mir auch schon überlegt; „was würde ich ohne Internet machen? Alles würde wieder etwas komplizierter und langsamer und wir müssten wieder Briefe schreiben – aber auch das würde nach einer Weile wieder funktionieren, ob das so schlimm wäre?
All jene die merken, dass sie abhängig sind, müssen wie bei jeder Sucht ein Entwöhnungsprogramm starten und mal für eine Weile den Computer ausschalten und sich im Internetz etwas rarmachen. Anstelle von Internet kann man sich wieder mal in der freien Natur bewegen, ich sage euch, das tut gut.
„Es ist immer Ursache und Wirkung, alles was ich tue, hat folgen.“
12.Februar 2012 Kommentar zu Claudias text von zentao
Liebe Claudia
wie schon gesagt, finde ich dass Du auf dem richtigen Weg bist. Das „verlangsamen“ ist schon der halbe Weg und das “ das ist alles nicht sooooooo wichtig! “ gehört auch dazu. Was Du noch ein wenig brauchst, ist: „etwas mehr Distanz zu den Dingen“ die Dir wichtig sind. Das heisst, das alles nicht so wichtig nehmen, Du musst da nicht raus, das was Dir wichtig ist, wie von aussen betrachten und Dich selber nicht all zu wichtig nehmen. Schlussendlich ist alles nur eine Illusion, auch das Internet ist nur Virtuell und alle Themen verändern sich dauernd.
Sollte ich Dir etwas zu nahe getreten sein, so bitte ich um Entschuldigung.
Liebe Grüsse zentao
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Liebe Claudia
ich finde Du siehst vieles richtig – Genau das ist das Problem, dieses sich nicht, über seine Situation bewusst zu sein. Leider läuft unser Leben, fast nur noch über unseren Verstand und und wir Leben in der Vergangenheit und Zukunft und wichtig ist nur noch was wir alles haben könnten und das was uns fehlt. Wir leben in einem dauernden haben wollen. Freiwilligkeit ist auch nur so ein Wort, viel wichtiger wäre, die Frage: „brauche ich das? Uns hilft mir das? Und wem nützt das und wem Schade ich, was für einen Einfluss hat mein Verhalten auf die Welt.
Liebe Grüsse Erwin
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@ursulaortmann @Zentao: ja, das „erwarten“ war unangemessen – und ich hätte es zudem anders ausdrücken sollen: eher ein „hoffen auf….“, Vielleicht ist es ja wirklich so, dass jemand, der viele Jahre ZaZen praktiziert, sich gar nicht in diesem Dillema fühlt?
„Die Frage ist doch, warum will man irgendwo raus, wo einem so viel geboten wird?“
Bzw, „wo man soviel machen kann“ – für mich die größere Verführung. Bleibe ich „draußen“ (was ich ja durchaus tue, wenn ich z.,B. Sommers viel im Garten bin), verzichte ich auf die Verwirklichung verschiedenster Vorhaben, bzw. verlangsame diese erheblich. Dagegen kann ich angehen, indem ich mir sage: das ist alles nicht sooooooo wichtig! Trotzdem fühlt es sich eher so an, dass ich eben nicht „raus wollen“ kann und viel zu gerne „drin“ bin – quasi „am Cockpit der Macht“.
Ach, ein schwieriges Thema!
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Zitat: „Aber von einem ZEN-Schüler erwarte ich mir mehr …“
Das ist wahrscheinlich der springende Punkt. Man erwartet von anderen …..
Dabei geht es doch um unsere Wünsche und Vorstellungen, auch wenn wir im Netz unterwegs sind. Sucht kommt von suchen. Auch die Internetsüchtigen suchen etwas, was sie im realen Leben nicht erhalten. Und wenn ich von einem anderen erwarte, mir das zu geben, was ich mir vorstelle, bin ich noch in alten Mustern verstrickt. Dann kommt es auch zu den üblichen Auseinandersetzungen in den Foren, die auf Verletzlichkeit und Unverstandensein beruhen.
Wenn ich sage: „Ich erwarte von dir … “ dann ist das auch Kritik, die von sich selber ablenken will. Die Frage ist doch, warum will man irgendwo raus, wo einem so viel geboten wird?
Liebe Grüsse
Ursula
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Es ging mir nicht um die Internet- oder sonst eine spezifische Technik-Nutzung. Sondern um die Entwicklung des GANZEN, der Welt und unser relativ bewusstloses Mitmachen.
Bewusstlos deshalb, weil wir unsere Bewertungen am individuellen Glücksgefühl festmachen – bzw. an einer errungenen Zufriedenheit und Souveränität. FREIWILLIGKEIT ist in Wahrheit kein Maßstab mehr, wo mein Wille und mein Wunsch lange schon in die herrschenden Produktions- und Konsumprozesse eingebunden ist – GERADE mit dem Argument der Freiheit zur Selbstverwirklichung, die immer neue Produkte und Dienstleistungen braucht. Damit da WACHSTUM ist…
Ich weiß auch nicht, wie da raus,
Aber von einem ZEN-Schüler erwarte ich mir mehr als den Rekurs auf „Freiwilligkeit“,
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Wer abhängig ist, der ist oft selber schuld und muss an der Situation etwas ändern. Deine Einstellung gefällt mir auch ich möchte nicht auf die Annehmlichkeiten unserer Zeit verzichten. Die Frage für mich lautet nur;“wie viel davon brauche ich wirklich.
Liebe Grüsse zentao
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Ja das finde ich auch, nur muss man, sich selber Grenzen setzen und manchmal auch schützen.
Liebe Grüsse Erwin
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Ich finde das Internet klasse und bereichernd. Ich bekomme schnellstens die Auskünfte, die ich haben möchte. Ich kann meinen Wissensdurst stillen, bekomme die schönsten Bilder, Gedichte, Sprüche frei Haus geliefert, worin meine Seele baden kann. Ich kann mich mit anderen austauschen, ohne gebunden zu sein – nicht verpflichtend – entweder bin ich da oder nicht. Ich kann – so wie jetzt – kurz vor dem Zubettgehen schauen, wer noch was Nettes gepostet hat, brauch weder fahren noch mich umziehen. 😉
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wir sind immer von etwas abhängig! zu sagen „von etwas abhängig zu sein“ enthält eine wertung! ich fühle mich nicht mehr abhängig vom internet, wie von vielen anderen dingen… von sonne, luft, essen, liebe, nähe und von hunderten, tausenden dingen, die ich nicht selbst herstellen kann und will und zum glück auch nicht brauche. noch leben 80% der menschheit direkt von der arbeit in der landwirtschaft und ich hab sogar noch gelernt, wie man einen garten anlegt, hab kartoffeln selbst in die erde gelegt und im herbst gerodet, kann kühe pflegen und melken und trotzdem geniesse ich die abhängkeit vom supermarkt heute und beklage sie nicht…
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